Freistellen macht immer Spaß – so auch mit diesem bereits in zweiter Auflage präsentierten Viltrox AF 85mm, das mit Ausgangsblende f1.8 lockt: Hintergründe kann man dezent in Unschärfe setzen oder gleich verschwinden lassen, wenn man denn möchte. Somit bietet sich diese solide und sehr attraktive Linse vor allem für die Porträtfotografie an – aber auch in der Natur, wenn Strukturen oder Objekte isoliert und prominent betont werden sollen. Aber auch der Preis dieses Glases ist mit um die 400 Euro mehr als nur verlockend. Originale 85er mit solchen Lichtstärken kosten im Regelfall das Doppelte, manchmal sogar das dreifache. So drängt sich die Frage auf: Wie gut ist dieses 85er – beziehungsweise: Liefert es nur die Hälfte oder gar nur ein Drittel der Qualität von Original-Objektiven? Wir haben das Viltrox am Fuji-X-Anschluss getestet.
Schnell und kommunikativ
Die Frage kann mit einem deutlichen Nein beantwortet. Und damit sind wir nicht allein. Bei unseren Recherchen haben wir auch das Netz durchforstet – es gibt dazu zahlreiche Erfahrungs- und Testberichte sowie Videos auf YT, das Objektiv wird unisono: Sehr, sehr viele Stärken, wenig Schwächen. Das Preis/Leistungsverhältnis könnte besser nicht sein, was auch daran liegend dürfte, dass das 85er von Viltrox durch seine Kontakte am Bajonett mit dem Kameragehäuse problemlos und ohne Tadel mit dem Fuji-Gehäuse kommuniziert: AF & Blende reagieren verlässlich in allen eingestellten Modi (M/A/P/S). Keinerlei Abstriche muss man bei der Geschwindigkeit in Sachen AF machen – was doch erstaunt, weil beim Scharfstellen viel Masse bewegt werden muss. Die Blende wird über das Kameragehäuse gesteuert – das ist ungewohnt, aber damit muss man sich als Fuji-User einfach abfinden … und gewöhnen. Dürfte nicht allzu schwer sein.
Aufwändige Konstruktion
Das Objektiv im Metallgehäuse macht einen sehr wertigen Eindruck, da gibt es nichts zu kritisieren. Das Äußere ist schnörkellos, lediglich eine rote Marke mit der Aufschrift JF/RBW ziert den Tubus – was wohl auf die Premium-Linie von Viltrox hinweisen soll. Der gummierte Scharfstellring ist prominent groß und hat einen angenehmen Drehwiderstand, was sich in Sachen Haptik beim Fokussieren überaus positiv auswirkt: Offenblendig ist die Schärfentiefe sehr gering – da ist es praktisch, wenn der Scharfstellring schwergängiger als üblich ist – so zumindest haben wir das empfunden. Im Inneren werkeln 10 Linsen in 7 Gruppen, das ED steht für besonders aufwändige Vergütung, die lästige Artefakte wie CAs und Lens-Flares verhindern bzw. minimieren soll.
Kein Leichtgewicht
Durch die aufwändige Konstruktion ist dieses 85er selbstverständlich kein Leichtgewicht. Die Balance an unserer X-H1 (mit Vertical Grip und zwei zusätzlichen Akkus) war aber ausgewogen – wer eine X-Pro1, -2 oder -3 verwendet (haben wir auch ausprobiert), dürfte mit der Gewichtsverteilung leicht im Nachteil sein, aber auch an das kann man sich gewöhnen. Und schön schaut diese Kombination von Viltrox und Fuji X-Pro sowieso aus.
Lichtkringel ohne lästige „Zwiebelringe“
Die Abbildungsqualitäten können sich sehen lassen. Worauf kommt es aber an bei der Kombi 85mm/f1.8 (VF-Äquivalent ca. 105mm) aber an? In erster Linie auf die Schärfe in der fokussierten Ebene und auf die Art, wie der Hintergrund, der je nach Blende manipuliert werden kann, abgebildet wird – von Scharf bis komplett unscharf. Wer besonders kreativ unterwegs ist, der zieht auch Lichtquellen oder Glanzpunkte im Hintergrund mit ins Kalkül, weil das im Regelfall so schöne Licht-Kringel gibt, die der ganzen Komposition einen besonderen Charme verleihen. Je nach Blende sollten diese offenblendig kreisrund sein, und abgeblendet leichte Ecken, bzw. Kanten aufweisen – nach Möglichkeit aber auch hier kreisrund. Das Viltrox liefert da wirklich klasse ab und bildet alles sehr schön ab – sogar ohne die lästigen und oft auftretenden „Zwiebelringe“ (Was sind Zwiebelringe? Info hier: www.objektiv-berater.de/bokeh ), die das Betrachtungsvergnügen doch sehr trüben. Die Schärfeleistung hat uns auch sehr überzeugt – offenblendig bis an den Rand mit minimalen Abstrichen. CAs treten entsprechenden Kontrastsituationen natürlich auf (Hauptsächlich in Cyan und Magenta), und ebenso Vignettierungen, allerdings: konstruktionsbedingt haben damit alle Objektive dieser Kategorie zu kämpfen. Schon bei Blende 2 sind diese Artefakte Geschichte.
Klare, preisgünstige Empfehlung
Fazit: Wer preisgünstig, aber dennoch kreativ einsteigen möchte in die faszinierende Welt der Schärfen und Unschärfen, für den ist diese Linse die perfekte Empfehlung. Das Objektiv ist hervorragend verarbeitet, liefert knackscharfe Bilder in schönen Farben, kommuniziert über die eingebauten Kontakte problemlos mit dem Kameragehäuse und kostet ein Bruchteil der Originalobjektive. Makel oder Mängel (CA, Vignette) muss man mit der Lupe suchen und fallen im fotografischen Alltag nicht ins Gewicht. Haptik und Bildqualität sind super. Spritzwasser- und Staub-Abdichtung ist allerdings nicht eingebaut. Dafür gibt´s einen Micro-USB-Anschluss am Bajonett, über den man die neueste Software aufs Objektiv spielen kann.
Text und Fotos: Walter de Meijer
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